Am Geld soll es nicht scheitern. „2,6 Milliarden habt ihr gewollt, 2,6 Milliarden kriegt ihr“, ruft Robert Habeck an einem Tag im Dezember von einer Bühne in der kleinen saarländischen Stadt Völklingen. 3000 Männer und Frauen jubeln ihm zu, viele tragen orangefarbene Arbeitsjacken, manche Helme. Sie sind Angestellte der Holding Saar, des drittgrößten Stahlherstellers Deutschlands. Habeck hat gerade versprochen, ihre Branche zu retten.
Wenige Wochen später, Anfang Februar, sagt der deutsche Wirtschaftsminister auf einer Betriebsversammlung des Stahlkonzerns Arcelor Mittal in Bremen: „Es ist alles geklärt.“ Schon bald würden 1,3 Milliarden Euro an Subventionen fließen. Auch hier Jubel. Auch hier die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
In Niedersachsen übergab Habeck der Salzgitter AG einen Förderbescheid in Höhe von einer Milliarde Euro. Thyssen-Krupp in Nordrhein-Westfalen erhielt eine Zusage über zwei Milliarden Euro. Alles für den Umbau der Wirtschaft, für den Abschied von Öl, Gas und Kohle, den Übergang zu Wind, Wasser und Sonne. Stahl, so die Botschaft des Ministers, soll weiterhin in Deutschland produziert werden, nur nicht mehr mit fossilen Brennstoffen, sondern mit grünem Wasserstoff.
Habeck feiert sich für seine vielen Staatshilfen. Ein Minister im Rausch der Subventionen. Und er fördert längst nicht nur die Stahlindustrie. Der amerikanische Chiphersteller Intel soll Geld für eine Fabrik in Magdeburg bekommen. Der taiwanische Halbleiterproduzent TSMC für ein Werk in Dresden. Die schwedische Batteriefirma Northvolt für eine Ansiedlung in Heide, Schleswig-Holstein. Immer zum Wohl des deutschen Wirtschaftsstandorts. Das Problem ist nur: Im Rest Europas führen Habecks Schecks jetzt zu Ärger.
Die EU-Kommission muss Subventionen zustimmen. Insgesamt genehmigte sie Deutschland allein im vergangenen Jahr die Auszahlung von 4,16 Milliarden Euro. Das zeigen Dokumente der Behörde, die WELT AM SONNTAG vorliegen. Demnach unterstützte nur Frankreich seine heimische Wirtschaft 2023 noch stärker, nämlich mit 4,42 Milliarden Euro.
Zusammen vergaben die beiden Länder fast die Hälfte aller Staatshilfen auf dem Kontinent. Dahinter folgen Ungarn mit 3,46 Milliarden, Tschechien mit 2,5 Milliarden und Spanien mit 1,94 Milliarden Euro. Weitere Milliarden für deutsche Unternehmen kamen in den ersten Wochen 2024 bereits hinzu. Und noch mehr wurden in Aussicht gestellt.
Bei manchen Anträgen aus Deutschland und Frankreich, so erzählen es Beamte, habe die Kommission „Bauchschmerzen“ verspürt. Denn lange Zeit waren Subventionen für einzelne Unternehmen in der EU ein Tabu. Sie drohen den Binnenmarkt zu beschädigen – den gemeinsamen Wirtschaftsraum, der sich von Finnland bis Zypern erstreckt und 450 Millionen Verbraucher umfasst.
Staaten mit kleineren Haushalten fürchten, auf der Strecke zu bleiben. Allein Northvolt soll für die Fabrik in Heide, wo der Baubeginn kurz bevorsteht, 900 Millionen Euro erhalten. Hinzu kommen fünf Milliarden Euro für TSMC und zehn Milliarden für Intel. Nur wenige Regierungen können solche Summen für einige wenige Firmen im Land bereitstellen.
Ginge es in der Bundesregierung allein nach Habeck, würden alle Unternehmen, die sich auf den Weg zur Klimaneutralität machen, auch hierzulande längst von Steuergutschriften profitieren, sogenannten „tax-credits“.
Doch in Deutschland gibt es anders als in den Vereinigten Staaten eine Schuldenbremse. Das hindere die Regierung daran, so etwas zu tun, sagte Habeck Anfang März, bevor er zu einer mehrtägigen Dienstreise in Richtung Washington abhob.
Der Rest Europas ist so schon besorgt genug. Am Ende geht es um die Frage: Wie kann sich der Kontinent in der Welt behaupten, ohne zu zerreißen?
„Die kleineren EU-Mitglieder haben einen Punkt“, sagt Götz Reichert vom Centrum für Europäische Politik. „Subventionen sind auf lange Sicht keine Lösung.“ Man könne nicht immer höhere Staatshilfen zahlen und darauf hoffen, Amerika und China zu überbieten. Europa solle Unternehmen lieber mit guten Standortbedingungen anlocken. Dazu gehöre zum Beispiel der Abbau von Bürokratie. „Wir müssen unseren Binnenmarkt schützen“, so Reichert. „Er ist ein hohes Gut, ein Eckpfeiler der Integration.“
„Firmen sollten sich mit der Qualität ihres Angebots durchsetzen, nicht dank Staatshilfen“, schreiben die Verfasser des Briefes. Staatshilfen erstickten Innovation und Produktivität. Für besonders heikel halten Schweden und die anderen Länder das Matching, also Offerten wie die deutsche an Northvolt. So etwas drohe einen Subventionswettlauf in Gang zu setzen. In Europa und auf der ganzen Welt.
Doch Deutschland macht unbeirrt weiter. Das nächste Instrument, mit dem Firmen großzügig beim grünen Umbau unterstützt werden, ist schon geschaffen: die Klimaschutzverträge. Und wieder ist Habeck begeistert. „Klimaschutzverträge sind ein tolles Instrument, das es so noch nicht gibt, nirgendwo auf der Welt“, sagte er in dieser Woche zum Start des Programms bei einem Auftritt vor Unternehmern, die der SPD nahestehen, in Berlin.
Es gebe Anfragen aus Südkorea, Kanada und auch dem Rest Europas. Firmen, so Habeck, bräuchten keine langen Förderanträge mehr zu schreiben, die dann aufwendig geprüft werden müssten, bei denen es Nachfragen gebe und die auch noch die Zustimmung Brüssels erforderten. „Aus drei Jahren machen wir vier Monate“, sagte er. „Nach zwei weiteren Monaten gibt es den Zuschlag.“
Der Trick ist, dass Stahl-, Chemie- und Papierunternehmen, die viel Energie verbrauchen, bieten müssen: Wer die geringste staatliche Hilfe für den größten Klimaeffekt fordert, erhält den Zuschlag. In der ersten Runde sollen vor allem Firmen der Grundstoffindustrie unterstützt werden, die ihre Produktion auf grünen Wasserstoff umrüsten.
Bis zu einer Milliarde Euro stellt die Bundesregierung pro Betrieb für 15 Jahre bereit, vier Milliarden Euro insgesamt. Doch das ist nur der Anfang. In einer zweiten Bieterrunde im Herbst geht es dann schon um 19 Milliarden Euro. Das Volumen zweier weiterer Runden im Jahr 2025 ließ Habeck offen. Ihm schwebt ein „mittlerer zweistelliger Milliardenbetrag“ vor, wie er sagt.
Kommentare
Planwirtschaftler sind halt leider davon überzeugt, dass ein Obermufti (Wirtschaftsminister) besser weiss, wo das Geld, das vielen Leistungserbringern abgepresst wurde, am Besten eingesetzt ist. Wie sagte doch der Oberguru Robert Habek? "Der Staat macht keine Fehler". Leider sieht die Wirklichkeit anders aus. Weder schafft es der Staat die versprochenen 400 000 Wohnungen zu bauen, noch bringt er die angekündigten E-Autos auf die Strasse. Wo Planwirtschaft herrscht, zieht über kurz oder lang Mangel ein. Warum vertraut man nicht auf die Schwarmintelligenz vieler Hunderttausender Unternehmer anstatt auf die ideologisch geprägten Entscheidungen einiger Wenigen?
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Wir haben das alles so vorausgesehen - jetzt nicht genau mit dem Wahn vom "grünen Stahl", aber mit der Zerstörung Deutschlands und seiner wirtschaftlichen Grundlage und damit der Zerstörung unserer Lebensgrundlage in Deutschland. Wir haben 2021 unsere Auswanderung nach Paraguay begonnen und 2023 (im Februar) mit der Abmeldung im Einwohnermeldeamt Lubmin/ Vorpommern endgültig abgeschlossen. Wir fühlen uns als politische Flüchtlinge, Flüchtlinge vor einer linksextremen sozialistischen Regierung. Aber nun geht es uns gut in Hohenau/ Paraguay. Liebe Grüße von hier!