Dann erstmal zu Penny! Der Discounter verlangt in dieser Woche bei einigen Produkten Preise wie ein Feinkosthändler. Natürlich nicht für solche Köstlichkeiten wie Grillen-Hacksteak, Tofu-Carpaccio oder Bio-Runkelrüben. Sondern - welche Überraschung! - für solche Lebensmittel, die Klimaschützern ein Dorn im Auge sind. Es sei denn, es ist gerade Oktoberfest und die grüne Führungsriege sitzt fröhlich feiernd um eine deftige Schlachtplatte herum. Das gemeine Volk hingegen soll beim Discounter in dieser Woche über sechs Euro für schnöde Wiener Würstchen bezahlen. Auch Käse und Joghurt werden in dieser Woche doppelt so teuer verkauft, werden sie doch aus Kuhmilch hergestellt. Denn das Rind, so wird uns seit Jahren nahegelegt, wird uns durch seine vorderen und hinteren Ausdünstungen früher oder später in den Weltuntergang treiben.
Es ist wohlgemerkt nicht so, dass die Mondpreise deshalb verlangt werden, weil Penny seine Wurst nun vom regionalen Biobauern bezieht - das würde immerhin noch ein wenig Sinn ergeben. Für Fleisch vom glücklichen Tier gibt man gern ein bisschen mehr aus, schließlich weiß man, wo das Geld investiert wird. Nein, die teure Wurst stammt weiterhin vom anonymen Schlachter. Vielmehr sollen die Kunden einen imaginären CO2-Zuschlag bezahlen. Wie dieser errechnet wurde, bleibt für den Kunden im Dunkeln, statt "Pi mal Daumen" hieß es wohl "Pups mal Daumen", denn auch das Schwein zählt zu den apokalyptischen Reitern des Klimawandels. Die erzielten Mehreinnahmen sollen nach Ablauf der "Erziehungswoche" dann Klimaprojekten zugute kommen. Welche auch immer das sein mögen - vielleicht bekommen bedauernswerte Freilandrinder ein Windrad auf die Weide gestellt. Oder ein ausgeloster Kunde darf zur Öko-Schulung beim "Climate Emergency Fund" in Kalifornien fliegen.
Zum Glück ist es in Deutschland trotz redlicher Bemühungen der Grünen noch nicht gelungen, einen ökologischen Sozialismus zu etablieren. Versuche gab es schon allerlei: Zum Beispiel stört man sich an der Warenvielfalt in deutschen Supermarktregalen. Bei Joghurtkulturen ist Schluss mit Multikulti. Zwei, höchstens drei Sorten sollen ausreichen. Nach wessen Geschmack diese ausgewählt werden sollen, wird nicht verraten. Dank Ricarda Lang haben wir eventuell eine kleine Chance darauf, dass wenigstens eine Sorte Sahnejoghurt dabei ist. Bislang jedoch haben die Kunden noch die Wahl, in den Laden ihres Vertrauens zu gehen und dort das zu erwerben, wonach es sie gelüstet.
Die Reaktionen auf die teure Aktion fielen - um es höflich zu sagen - recht verhalten aus. Inflationsgebeutelte Kunden vermögen für derlei Experimente nur wenig Verständnis aufzubringen. Manche sprachen gar offen aus, wie auffällig die Anti-Fleisch-Kampagne ausgefallen war. Der Erziehungsversuch war aufgeflogen! Lediglich das öffentlich-rechtliche Fernsehen zeigte große Begeisterung und bewarb die Aktion frenetisch. Eigentlich hätte Penny den Sendeanstalten ein Honorar für die Werbung zahlen müssen. Doch da blieb noch das Häuflein renitenter Kunden, welche sich vor den Läden nicht positiv äußern wollte. Was also tun, um öffentliche Zustimmung zur CO2-Strafgebühr bei Würsten zu simulieren? Man bringt einfach eigene Kunden mit! Und dann erklärt uns Hannah vom WDR in der Tagesschau, wie großartig sie es findet, mehr bezahlen zu dürfen. Auch das flog auf, stach doch die Aussage zu sehr aus der Masse heraus. Zudem ließ Hannahs schauspielerisches Talent zu wünschen übrig. Dafür ist sie schließlich auch nicht eingestellt worden.
Das hätte sich rein zufällig ergeben, erklärte der WDR. So wie man auch rein zufällig des öfteren grüne Lokalpolitiker trifft, die als "normale Bürger" den neuen Radweg in Oer-Erkenschwick und die dahinterstehende Nachhaltigkeit loben dürfen. Es geht natürlich auch umgekehrt: Irgendein dubioser Typ mit Achselhemd und Bierdose findet sich immer, der mit Inbrunst AfD wählt und noch ein paar fiese Sprüche loslässt. Damit das Bild auch wieder stimmt. Ruprecht Polenz, der grünste CDU-Politiker aller Zeiten, erklärte kürzlich, es sei ein Anzeichen von Faschismus, die Medien als "Lügenpresse" zu bezeichnen. Wie hätte er es denn lieber? "Schummelfernsehen" oder "wahrheitsflexibler Rundfunk"? Erwischt werden die Medien schließlich oft genug. Aber mit der Begeisterung für Fantasiepreise haben sie es uns diesmal besonders leicht gemacht, ihnen auf den Zahn zu fühlen.
Mirjam Lübke