Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB hat den einstigen „Kampftag der Arbeiterklasse“ schon seit vielen Jahren in einen Krampftag mit ebenso belang- wie folgenlosen Funktionärstiraden verwandelt. Denn der DGB und seine Einzelgewerkschaften sind integraler Bestandteil des politischen Macht- und Kartellsystem in Deutschland. So deutlich wie an diesem 1. Mai 2023 ist aber die wahre Rolle des DGB noch selten zu beobachten gewesen: Denn im vergangenen Jahr 2022 sind die Reallöhne der arbeitenden Menschen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um nicht weniger als 4 Prozent gesunken. Und diese Entwicklung geht wegen der starken Inflation im laufenden Jahr weiter.
Auch die jüngsten Tarifvereinbarungen in verschieden Branchen sowie im öffentlichen Dienst ändern für Millionen abhängig arbeitende Menschen an dieser negativen Entwicklung nur wenig. Denn entweder erhöhen die Unternehmen, von den Konzernen bis zu den Handwerksbetrieben, die Verkaufskosten ihrer Waren oder kommunale Dienstleistungen werden teurer. Preisbereinigt sind die konsumierenden Arbeitnehmer und Rentner allemal die Verlierer. Der DGB, dessen Redner heute auf vielen Plätzen vor meist wenig Publikum pseudoradikale Reden halten, hat es schon lange aufgegeben, diese aktuell besonders negative Tendenz der Lohnentwicklung grundsätzlich in Frage zu stellen.
Die „Sozialpartnerschaft“ des DGB hat im politischen Macht- und Kartellsystem eine sehr wichtige Funktion: Denn sie ermöglicht, bislang jedenfalls, die Kontrolle und Stillstellung der großen arbeitenden Mehrheit. Ob Migration, Corona, Klima oder Ukraine-Krieg – stets ist der DGB voll auf der Linie der Herrschenden und tut alles, um Störfaktoren wie zum Beispiel die Bildung unabhängiger Gewerkschaften oder Arbeitnehmervertreter zu verhindern und zu zerstören.
Das wird allerdings unter den Bedingungen hoher Inflation, den Deutschland extrem selbstschädigenden Sanktionsfolgen sowie den unsozialen Konsequenzen des Klimawahns zunehmend schwieriger. Mit nicht ernstgemeinter kapitalismuskritischer Rhetorik allein werden die DGB-Fürsten die harten Realitäten nicht vernebeln oder gar zum Verschwinden bringen können. Denn die DGB-Gewerkschaften sind wie die christlichen Amtskirchen Teil der großen Probleme Deutschlands. Positive Lösungen dieser Probleme sind von beiden nicht zu erwarten, im Gegenteil.
Wolfgang Hübner