Haben unsere Politiker denn neuerdings einen Freischein für solche Rechtsbrüche?
Dienstag, 25.04.2023, 14:15
Das Wichtigste
Das Auswärtige Amt drängt darauf, einen angeblichen afghanischen Staatsbürger nach Deutschland zu holen, obwohl seine Identität ungeklärt ist und er einen gefälschten Pass vorgelegt hat.
Ein langjähriger Diplomat ist entsetzt. „Wer trotz eines gefälschten Passes ein Visum erteilt, fährt über jede rote Ampel“.
Die Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes streitet wohl mit der Visastelle in Islamabad (Pakistan), weil die Beamten einem angeblich aus Afghanistan geflüchteten Mann kein Visum für die Einreise nach Deutschland ausstellen wollen. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung und des „Cicero“ soll der Mann namens Mohammad G. den Diplomaten einen gefälschten Ausweis vorgelegt haben und auch mit Falschgeld gezahlt haben. Das Problem: Auf dem vermeintlichen Ausweis heißt es, dass Mohammad G. 14 Jahre alt wäre. Indes geht die Visastelle in Islamabad davon aus, dass der Mann eher 20 Jahre alt ist.
Der Referatsleiter für Visarecht im Stab von Außenministerin Annalena Baerbock setze dennoch alles daran, um den angeblich minderjährigen und vermeintlich schwerkranken Afghanen nach Deutschland zu holen, obwohl seine Identität nicht geklärt ist. Den „Bild“-Recherchen zufolge besteht bei der Visastelle der Verdacht, dass er weder minderjährig noch krank sei und möglicherweise gar nicht aus Afghanistan stamme.
Der Bruder von Mohammad G. lebt bereits in Deutschland
Hintergrund: Normalerweise ist der Familiennachzug auf Ehepartner, Kinder und Eltern von Minderjährigen beschränkt; Mohammads großer Bruder Khan G. lebt seit 2014 in Deutschland und will seinen kleinen Bruder nachholen.
Im Oktober 2022 wurde der Fall vor dem Verwaltungsgericht Berlin verhandelt, wo Khan G. die Geschichte seines angeblich 14-jährigen Bruders erzählte, der aus Afghanistan ins benachbarte Pakistan geflohen sei und nun auf der Straße lebe. Sein Zustand sei verwahrlost, er benötige dringend medizinische Versorgung, könne aber aufgrund seines illegalen Aufenthalts in Pakistan und fehlender Papiere keinen Arzt aufsuchen.
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Die Vertreter des Auswärtigen Amtes stimmten der Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu, „sofern eine erneute Sicherheitsüberprüfung keine Bedenken ergibt“. Das Verfahren endete, wie in solchen Fällen üblich, mit einem Vergleich.
Deutsche Botschaft in Islamabad hat Zweifel an der Identität von Mohammad G.
Doch die deutsche Botschaft in Islamabad verweigerte Mohammad G. das Visum, weil sie Zweifel an seiner Identität hatte. Denn der Mann, der nach Angaben seines Bruders keine Papiere besaß, legte plötzlich einen Pass vor, der sich als gefälscht herausstellte.
Aus Berlin kam die Anweisung, Mohammad G. trotz des gefälschten Passes die Einreise nach Deutschland zu gestatten. „An der Identität des Antragstellers besteht (...) eigentlich kein Zweifel, falscher Pass hin oder her (...)“, zitiert „Bild“ aus der Anweisungsmail des Auswärtigen Amtes.
Die Botschaftsmitarbeiter in Islamabad lehnten ab. Man wisse nicht, ob der junge Mann tatsächlich Mohammad G. heiße, wie alt er sei und ob Khan G. sein richtiger Bruder sei. Zudem bestünden erhebliche Zweifel an seinem Flüchtlingsschicksal, da Mohhamad G. wohl „teure westliche Kleidung“ trage.
Mohammad G. klagt „mit absehbarem Erfolg“ auf Familienzusammenführung. Am 17. Januar 2023 übernahm die Bundespolizei die Ermittlungen. Nach Angaben eines Sprechers soll Mohammad Ali G. „unrichtige Angaben“ gemacht und eine „falsche eidesstattliche Versicherung“ abgegeben haben. Die Akte „Mohammad G.“ liegt nun nach Informationen der „Bild“-Zeitung in Berlin. Dort werde „über das weitere Vorgehen“ entschieden.
„Wer trotz falschen Passes ein Visum erteilt, überfährt alle roten Ampeln“
Der CDU-Bundestagsabgeordnete und langjährige Diplomat Knut Abrahahm zeigte sich gegenüber „Bild“ entsetzt über den Fall. „Wer trotz eines falschen Passes ein Visum erteilt, überfährt alle roten Ampeln und schadet allen Afghanen, die in Gefahr sind und sich korrekt verhalten.“ Das Auswärtige Amt hat auf eine Anfrage von FOCUS online bislang nicht reagiert.