Gesund soll es sein und überdies die Welt vor Klimawandel und Hunger bewahren. Denn die gemeine Grille leidet nicht wie das Hausrind an lästigen Blähungen, zumindest ist nichts derartiges bekannt und produziert weder CO2 noch Methan. Zum Dank geht es ihr jetzt an den Kragen, denn genügsam ist sie auch noch, man kann sie getrost in kleinen Kästen heranziehen, ohne den Zorn von Tierschützern zu erregen. Alles, was mehr als vier Beine hat, sollte nun dringend einem Lobby-Verband beitreten, sonst wird es getrocknet, geröstet und pulverisiert. Und landet zukünftig als Frühstücksbrötchen auf unserem Tisch. Oder als leckerer Proteinriegel mit Nüssen und Cranberries in der Sporttasche.
Angeblich ist Insektenmehl geschmacklich nicht von Vollkornmehl zu unterscheiden, wenn man nicht weiß, was man da verzehrt. Das hat sich auch ein Startup-Unternehmen zunutze gemacht, das gemeinsam mit der Universität Sigmaringen Pasta und Pizza aus Grillenmehl herstellt. Gerade forscht man an der Automatisierung der Insektenzucht in großen Farmen, um sich an der Weltrettung zu beteiligen. Der Gedanke, man könnte uns das Krabblermehl unbemerkt verabreichen - weil man es schließlich nicht schmeckt - beunruhigt mich nun allerdings doch. Immerhin soll es - den Allergikern sei Dank - eine Kennzeichnungspflicht geben. Es empfiehlt sich zukünftig, nicht mehr ohne Lesebrille in den Supermarkt zu gehen, sonst landen die possierlichen, romantisch zirpenden Tierchen doch noch auf dem Teller. Man kann nur hoffen, dass der Trend nicht lange anhält, weil man sonst bald nichts mehr anderes in den Regalen vorfindet. Und wer hat schon Lust, stets die gesamte Zutatenliste auf Herz und Nieren zu prüfen?
Zugegebenermaßen findet sich auch jetzt schon allerhand wenig Vertrauenswürdiges darin: Stabilisatoren, Farbstoffe - Cochenillerot wird übrigens aus Schildläusen gewonnen - und allerlei Emulgatoren. Warum also ausgerechnet gegen Insekten im Essen protestieren? Sonst fragt man schließlich auch nicht genau nach, was man konsumiert, wenn es einem nur schmeckt. Aber gegen den Verzehr von Insekten haben wir nun einmal einen natürlichen, durch unsere Kultur bedingten Ekel entwickelt. Wird das Projekt dann noch zum Zweck einer Weltrettungsideologie angepriesen, so kann einem das schon auf den Magen schlagen und den Jubel unglaubwürdig klingen lassen. Das ähnelt dem Tiramisu aus Magerquark, welches einem im Diätkurs als furchtbar lecker angepriesen wird: Es mag zwar einigermaßen essbar und besser für die Linie sein, aber richtiges Tiramisu schmeckt einfach befriedigender. So wie auch aus dem besten Knäckebrot kein Rosinenstuten wird.
Insekten statt Fleisch oder auch Mehl, das reiht sich nahtlos in die Dauerpredigt vom Konsumverzicht ein, der seltsamerweise immer von jenen gehalten wird, die es sich leisten können, sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Ab und an werden diese Menschen auch dabei erwischt, wie sie sündigen, aber eine gute Ausrede kommt ihnen immer über die Lippen. Die Folgen des Klimawandels für die Seychellen können sie sich eben nur vor Ort vergegenwärtigen - wir Normalsterblichen müssen uns mit ihrem Bericht begnügen. Nach Klimaprotesten sieht der Veranstaltungsort aus wie ein Schlachtfeld, aber wehe, der Nachbar wirft einmal eine Flasche in den falschen Container. Auch habe ich so eine Ahnung, dass auf den Buffets in Brüssel und Davos keine Insekten-Pasta serviert wird, höchstens ein paar Happen zum Probieren vor laufenden Kameras.
Tatsächlich werden in Ostasien geröstete Heuschrecken als Imbiss am Straßenrand verkauft, sie sollen nussig schmecken. Aber ob das nicht auch nur aus der Not geboren ist? Juden etwa ist der Verzehr von Insekten verboten, allerdings gibt es davon in der Bibel eine Ausnahme: Eine Heuschreckenart, die im Mittelmeerraum besonders häufig vorkam und schon einmal die Felder leerfraß. Da blieb einem nichts anderes übrig, als diese Heuschrecken zu essen, wenn man überleben wollte. Begeisterung scheint das nicht hervorgerufen zu haben, denn Einzug in die jüdische Küche hielt die Heuschrecke nicht. Das verrät aber auch den Grund, warum wir Insekten als Nahrungsmittel ekelhaft finden, wir kennen sie vor allem als Störenfriede, die über Obst oder uns selbst herfallen. Auch der Mehlwurm, der heute in Bratlingen landet, wird in der Küche nicht gern gesehen. Eine Ausnahme davon bilden Schmetterlinge und die nützlichen Bienen, aber diese würde auch niemand essen wollen.
Uns wird also wieder einmal etwas aufs Auge gedrückt, was wir eigentlich gar nicht wollen, in der Hoffnung, wir würden es eines Tages als normal empfinden. Wer Insekten als Nahrungsmittel akzeptabel findet, konnte bereits seit ein paar Jahren entsprechende Produkte im Handel finden, aber das reichte der EU wohl nicht aus. Dass sich hier "zufällig" die Interessen der EU mit denen des WEF überlappen, ist sicherlich eine "Verschwörungstheorie", auch wenn das WEF die Idee seit Jahren propagiert, zumindest für das "einfache Volk". Leider, so fürchte ich, wird zumindest ein Teil davon freudig seine Grillenbrötchen essen, wenn man ihm nur lange genug einredet, damit etwas Gutes zu tun und den Planeten zu retten. Ich bin gespannt auf die ersten Werbespots.
Mirjam Lübke