"Freiheit" soll nun plötzlich ein Unwort sein und lediglich auf Egoismus basieren. Das hat eine "kritische Initiative" namens "Floskelwolke" herausgefunden - und wurde in den Medien gleich dankbar aufgenommen. Das wiederum zeigt, wie bereitwillig Journalisten alles aufgreifen, was zum herrschenden Verbotswahn passt, sonst hätte die Auswahl eines kleinen Trüppchens es wohl kaum in die Tagesschau geschafft - in der Redaktion freute man sich wohl, dass andere die Arbeit übernommen haben, Freiheitsbeschränkungen als Akt der Nächstenliebe zu bewerben. Die Methode ist nicht neu, totalitäre Systeme haben sie schon immer gern benutzt, um ihre Interessen bei der Bevölkerung durchzusetzen. Wenn der Nachbar aus der Reihe tanzt, dann nicht etwa, weil er die neueste Schikane der Regierung als übergriffig ablehnt, sondern weil er "nur an sich denkt". Dem Bürger diese Sichtweise einzureden, hat für die Regierung einige Vorteile: Zum einen nimmt sie einer Maßnahme den unbeliebten Status einer "Anordnung von oben", denn angeblich profitieren alle Betroffenen davon. Darüber hinaus werden die Bürger der Regierung viele Kontrollmaßnahmen abnehmen und freiwillig verrichten. Das ist noch effektiver als "bestrafe einen und erziehe Hunderte", denn die Erziehung wird nun von Nachbar zu Nachbar stattfinden. Also auch in Bereichen, in welche der Staat nicht eindringen kann, wenn er den demokratischen Anschein wahren will.
Bekanntlich gibt es gesunden und bösartigen Egoismus, manchmal kann der Übergang auch fließend sein. Erfahrungsgemäß schaffen es allerdings meist die größten Egoisten, anderen effektiv ein schlechtes Gewissen einzureden, wenn ihnen Grenzen gesetzt werden - und es ist oftmals nicht leicht, sich davon freizustrampeln - es sei denn, der Egoist übertreibt es mit seinen Forderungen dermaßen, dass einem der Kragen platzt. Auch wenn man kein Mensch ist, der Gefälligkeit gegen Gefälligkeit aufrechnet, bemerkt man eben doch irgendwann, wie der andere einen aussaugt - und das vollkommen schambefreit. Die meisten Menschen freuen sich, wenn man ihnen aus der Klemme hilft, ein Egoist sieht es als selbstverständlich an. Wir alle kennen diese eine Kollegin, die ständig ihr Geld vergessen hat, wenn sie an der Kantinenkasse steht. Oder den Freund, für den man stets ein offenes Ohr haben muss, der aber selbst keine fünf Sekunden zuhört, wenn es einem selbst einmal schlecht geht. Oft brauchen wir viel zu lange, um das zu begreifen - umso härter wird es, diese Leute wieder loszuwerden.
Das funktioniert sowohl im Privaten als auch gesellschaftlich: Die Impfkampagnen sind ein gutes Beispiel dafür. Selbst jetzt, da zahlreiche Nebenwirkungen bekannt sind und vor allem das Märchen vom Fremdschutz widerlegt wurde, versuchen die Befürworter es noch: Sie arbeiten mit Schuldzuweisungen und Beschimpfungen. Obwohl nach Betrachtung der Fakten dafür keine Grundlage vorhanden ist. Denn letztlich geht es weder um Fakten, noch um Kompromisse, die man im Zusammenleben mit anderen nun einmal hin und wieder akzeptieren muss. Im Zusammenspiel mit einer dramatischen Drohkulisse soll letztlich die vollständige Kooperation erzwungen werden. "Wenn du meinen Wunsch nicht erfüllst, bringe ich mich um", sagt der Anfänger. Der fortgeschrittene moralische Erpresser behauptet einfach, man würde den Rest der Menschheit umbringen, wenn man seiner Forderung nicht nachkommt. Selbstverständlich wird er jeden Vorwurf, nur seine Weltsicht umsetzen zu wollen, heftig von sich weisen.
Gern werden Verbote und Freiheitsbeschränkungen deshalb auch als der Wille der Bevölkerung angepriesen. "Die meisten Deutschen sind einverstanden!", verkünden die Medien, wenn einmal wieder die Maskenpflicht verlängert, das Böllern verboten oder das Klima geschützt werden soll. Oft fragt man sich, in welchen Kreisen die Umfrage stattgefunden haben soll, da im eigenen Umfeld niemand derlei Ideen verfolgt. Aber der Stachel des Zweifels ist gesetzt: Wenn die Mehrheit es so will, mag man nicht abseits stehen. Oder braucht zumindest viel Selbstbewusstsein dazu. Als Kindern wurde uns zwar stets gesagt "du bist nicht die anderen", wenn wir etwas wollten, das scheinbar jeder Mitschüler besaß. Das hinderte unsere Eltern jedoch nicht daran, uns das Beispiel anderer Kinder auf die Nase zu binden, die angeblich fleißiger und ordentlicher waren als wir. Da kann der innere Kompass schon einmal ins Schwanken kommen.
Im Grunde verhalten sich politische Moralisten nicht anders als die oben genannten Egoisten im privaten Umfeld, sie verkaufen es nur geschickter. Auch vor sich selbst, denn offenbar haben sie keinerlei Hemmungen, ihre Position als die einzig richtige zu betrachten. Einen Kompromiss einzugehen liegt ihnen fern - ein Geben und Nehmen kommt nicht in Betracht. Deshalb könnte man zur Diskussion stellen, ob nicht vielmehr der Begriff "Solidarität" zu einer Floskel geworden ist. Wie oft wurde er in den letzten Jahren missbraucht, um den Bürgern Zugeständnisse abzupressen? Maske tragen aus Solidarität, sich impfen lassen aus Solidarität, frieren aus Solidarität, Wasser sparen aus Solidarität - mit wem auch immer. Die Gründe wechseln, aber das Ziel ist immer gleich: Jegliche Widerrede zu ersticken. Kein Wunder, dass diese Menschen Angst vor Freiheit haben, denn schon die persönliche Entscheidungsfreiheit ist ihnen ein Graus. Denn man könnte sich schließlich entscheiden, nicht mehr auf ihre Vorhaltungen zu hören.
Mirjam Lübke