Der Großteil der Wahlberechtigten in Deutschland ist nicht wertschöpfend tätig. Das ist keine Kritik, sondern eine Feststellung. Der Verfasser dieses Beitrags gehört als Rentenempfänger dazu. Die Mehrzahl dieser Wahlberechtigten arbeitet noch nicht oder nicht mehr, ist in öffentlichen Diensten und Dienstleistungsunternehmen beschäftigt, von staatlichen Transferzahlungen teilweise oder völlig abhängig. Wer in Deutschland Wahlen gewinnen oder die Mehrheit einigermaßen ruhigstellen will, muss diese Mehrheit politisch bedienen, zumindest aber vortäuschen, das zu tun. Genau nach diesem zynischen Rezept hat am Wochenende die Berliner Ampel-Regierung bei ihren Beschlüssen gehandelt.
Das mag kurzfristig einige Freude bei den mit den Blockparteien eng verbandelten Sozialverbänden und Soziallobbys sowie einstweilen gewiss auch bei vielen Rentnern, Wohngeldberechtigten oder „Bürgergeld“-Abhängigen erwecken. Und selbstverständlich werden sich die Politautokraten samt Systemmedien an ihrer neuen Schulden-„Bazooka“ berauschen, die verhindern soll, dass die massiv selbstschädigenden Russland-Sanktionen zu allzu großen Protesten führen.
Wer sich allerdings einen klaren Blick auf die Realitäten bewahrt, muss erkennen: Der die wirtschaftliche und soziale Existenz Deutschlands mit wertschöpfender Arbeit ermöglichende Teil der Bevölkerung hat von den Meseberger Beschlüssen keine Wohltat zu erwarten, sondern wird faktisch noch schwerer unter das Joch der Belastungen und Zumutungen geraten. Vermutlich werden in den nächsten Wochen und Monaten deshalb mehr derjenigen, die früh aufstehen, um an ihrer jeweiligen Arbeitsstelle tätig werden, ins Grübeln kommen, ob sich das für sie lohnt oder aber für wen das sich wirklich auszahlt.
Doch auch die „Begünstigten“ der Sozialnarkose der Ampel werden schon mittelfristig keine Freude haben: Die Inflation bleibt und schreitet fort, entwertet Renten und Angespartes. Die staatlich gewährten finanziellen Trostpflaster dürften bei Weitem nicht ausreichen, um die vielfältigen Belastungen nachhaltig auch nur zu mildern. Denn die gestoppten Gastlieferungen aus Russland werden höchstwahrscheinlich zu einer schweren Rezession mit sozialen Verwerfungen führen. Besonders negativ werden kleine und mittelständische Unternehmen davon beeinträchtigt. Und den explodierenden Gaspreis wollen und können selbst die Sozialzyniker der Ampel nicht „deckeln“ – die große Ernüchterung ist gewiss.
Wolfgang Hübner